15.01.2010
Leser!
Obwohl ja in der Zwischenzeit die weihnachtliche (nationale) Fußballstarre eingesetzt hat war doch ziemlich viel los seit der letzten Ausgabe. Zum Beispiel jenes Relegationsspiel, bei dem T. Henry demonstrierte warum Frankreich zu Recht schon mehrfach Handball-Weltmeister war. Was die Franzosen machen hat eben alles Hand und Fuß, und so reisen sie verdientermaßen nach Südafrika. Dass ein Antrag auf Wiederholungsspiel bei der FIFA keinerlei Chance haben würde war sicherlich allen Beteiligten sonnenklar, aber ich hatte schon am gleichen Abend darüber nachgedacht, ob es nicht möglich wäre Irland als 33. Team zur WM zuzulassen. Mir schwebte dabei etwa eine Teilung in 11 Vorrunden-Gruppen à 3 Mannschaften vor, wobei die 11 Gruppensieger und die 5 besten Zweiten das Achtelfinale erreichen sollten. Eventuell könnte auch eine Zwischenrunde mit den 10 besten Gruppenzweiten eingeschoben werden, wobei dann die letzten 5 Achtelfinalisten ermittelt werden. Und die Umstellung des Spielplans bzw. der Spielorte dürfte eigentlich kein Problem darstellen. Wenige Tage später soll der irische Fußballverband dann ja tatsächlich mit einem solchen Ansinnen an Herrn Blatter herangetreten sein. Aber selbstverständlich kam was kommen musste: abgelehnt! Was bei einer WM im BeachSoccer oder Tischfußball wohl kein nennenswertes Problem dargestellt hätte ist bei einem längst zum bürokratischen Monster erstarrten Kolossalverband wie der FIFA natürlich vollkommen ausgeschlossen. Einschlägige Verträge, Versicherungen, Dollars, festgeschriebene TV-Zeiten gepaart mit dem geistigem Siechtum einer verknöcherten Funktionärsclique gestatten der FIFA längst nur noch die Beweglichkeit einer senilen Miesmuschel, und so hat wohl auch in Irland selbst niemand mehr an irdische Gerechtigkeit geglaubt. Vielleicht führt dieser Zwischenfall nun wenigstens dazu, dass die FIFA endlich mal ihren geradezu halsstarrigen Widerstand aufgibt gegen längst erprobte technische Hilfsmittel zur Unterstützung der Entscheidungsfindung auf dem Fußballplatz.
Und bei der alsdann anstehenden Gruppenauslosung zur WM-Endrunde drohte schon das nächste Ungemach dank einer geradezu idiotischen Setz-Tradition: Warum um alles in der Welt muss der WM-Gastgeber denn immerzu in den Lostopf mit den WM-Favoriten? Ein Unding das schon die Auslosung vor 8 Jahren zum Ärgernis machte (und auch vor 4 Jahren, ähem...). Es wäre doch kein Problem gewesen, Südafrika z.B. in Gruppe A zu setzen, sie aber dennoch dem Lostopf 4 (also dem Pool der "Underdogs") zuzuordnen, wo sie als Weltranglistenschlechtester der 32 Teams hingehört hätten. Dies hätte eben lediglich ein wenig Kreativität beim Zulosen erfordert, aber solcherlei Einfallsreichtum wurde ja auch schon an den Tag gelegt um etwa unerwünschte intrakontinentale Vorrundenduelle zu vermeiden. Nun bekam ja Südafrika auch so die denkbar stärksten Gruppengegner zugelost, so dass der pure Zufall diesmal den vorausgegangenen blanken Setz-Unsinn einigermaßen ausbügeln konnte. Wie zuletzt in der ersten Magazin-Ausgabe 2008 (damals anlässlich der Gruppenauslosung zur EM-Endrunde 2008) habe ich wieder eine kleine statistische Untersuchung zum "absoluten und relativen Losglück" der Mannschaften, diesmal zur WM-Endrunde 2010 in Südafrika, erstellt. Den zugehörigen Text habe ich aber ausgelagert in einen gesonderten Artikel, da er den Rahmen dieser Seite doch sprengen würde.
Dann war da ja wieder Wettskandal: also ich fürchte dieses Thema wird uns begleiten so lange es Sportwetten gibt, denn es wird sich wohl auch zukünftig nie ganz ausschließen lassen, dass irgendwelche Amateurspiele verhoyzert werden. Mich wundert es eigentlich nur, dass dies anscheinend kaum jemanden davon abhält trotzdem sein Geld auf dubiose Fußballspiele zu verwetten. Das wäre wohl die einzige Möglichkeit diesen Wett-Sumpf trockenzulegen, wenn nämlich angesichts der Unwägbarkeit von Manipulationen kaum mehr jemand Geld beim Wetten riskieren will, dann hätten die Buchmacher ja nichts mehr zu tun und das ganze "Geschäft" würde sich von selbst erledigen.
Und zum Freitod von Herrn Enke fällt mir nur wenig pietätvolles ein: Ich will jetzt nicht unterstellen, dass es leicht fällt freiwillig aus dem Leben zu scheiden, und auch das Vordenkopfstoßen der Mannschaftskameraden und Fans ist angesichts der Schwere der Krankheit vielleicht noch verzeihlich, aber das wissentliche Imstichlassen seiner kleinen Familie ist doch wahrlich keine Heldentat! Irgendwie finde ich, dass dies doch ein paar hässliche Kratzer hinterlässt am von den Medien ansonsten so polierten Image eines "untadeligen Sportsmannes". Aber da man über Tote ja nicht schlecht reden (schreiben) soll - Schwamm drüber und weiter geht’s.
Während der Arbeit an irgendwelchen Fußball-Statistiken ist mir dann noch was auf- bzw. eingefallen, das gewissermaßen eine Ergänzung zu meinem "14 Punkte-Papier" von Anfang 2009 darstellt. Ich hatte damals ja wieder mal diverse "Forderungen" aufgestellt zu einer "verbesserten Durchführung des Fußballsportbetriebes" oder so ähnlich - also lauter wünschenswerten Änderungen, die mir eben sehr am Herzen liegen. Und zum damaligen Punkt 7 (Rückkehr zur Zweipunkt-Wertung p2) gibt es noch ein kleines, aber vermutlich äußerst wirksames Änderungsansinnen betreffend die Sortierkriterien in der Fußballtabelle. Zunächst mal möchte ich meine weiterhin bestehende Aversion gegen die Dreipunkt-Wertung p3 begründen. Jene war ja seinerzeit verbunden worden mit der Hoffnung auf mehr Offensivfußball (und weniger Unentschieden) - eine Hoffnung also, die sich bekanntlich bis zum heutigen Tage nicht erfüllt hat. Dafür ist die Überbewertung der Siege eben ungerecht (mir will es halt partout nicht einleuchten, warum 1:0 und 0:1 in der Tabelle mehr wert sein soll als etwa zwei mal 1:1) und macht Tabellen ohne Angabe von Siegen, Unentschieden und Niederlagen vergleichsweise intransparent. Zudem hat sich seit jener unseligen Einführung die Unsitte eingebürgert, bei Punktgleichheit direkt das Torverhältnis als Unterscheidungsmerkmal heranzuziehen, unabhängig davon in wie vielen Spielen überhaupt die Punkte erzielt worden waren. Dies war zuvor nicht der Fall, da bei gleicher Anzahl an Pluspunkten erst mal die Minuspunkte berücksichtigt wurden vor einem möglichen Vergleich der Tordifferenzen. Allenfalls könnte ich mich dazu durchringen, nach Gleichheit von p2 (und wie gesagt bei gleicher Spieleanzahl) dann p3 (sprich die Anzahl an Siegen) als zweites Kriterium noch vor den Toren zu akzeptieren. Doch nun kommt der Clou: wie wäre es statt der Tordifferenz (oder statt des Torquotienten, wie vor Urzeiten noch üblich) einfach die erzielten Tore als nächstes Kriterium zu berücksichtigen (und erst dann eben die Gegentore bzw. die Tordifferenz, was am Ende ja aufs Gleiche hinausläuft)? Ich denke dies würde dem Spiel eine unverhoffte Dynamik verleihen und den Offensivgeist ganz sicher mehr anfachen als jene lächerliche Wertung p3. In meinen Augen wäre dies jedenfalls die zweitwichtigste Änderung, gleich nach meiner allfälligen Forderung nach ersatzloser Streichung der Abseitsregel.
Somit wie immer zum Schluss: ceterum censeo legem seorsi esse tollendam!
15.03.2010
Diese Ausgabe ist aufgrund "höherer Gewalt" ausgefallen...
15.05.2010
Leser!
Zunächst mal ein paar Worte zu meiner schöpferischen Pause im letzten Magazin: Jene Zeilen auf Seite 17 hatte ich nur wenige Stunden nach dem erwähnten seelischen Tiefschlag verfasst und wollte sie dann etwas später eigentlich lieber nicht veröffentlicht wissen. Dirk hat es dann aber doch getan und mit einigen aufmunternden Worten garniert - für letzteres also herzlichen Dank. Mit etwas mehr zeitlichem Abstand zu jenen Geschehnissen erscheint mir mein Text dazu doch reichlich überdramatisiert ("hochsterilisiert" sozusagen) und ist mir nun im Nachhinein fast schon etwas peinlich. Aber nun lässt sich dessen Veröffentlichung ja nicht mehr rückgängig machen, und in so fern dazu nur noch die Bemerkung, dass die Zeit tatsächlich bereits einige Wunden geheilt hat... Ja, und den Monitor innerhalb dieses Magazins halte ich im übrigen in der Tat für entbehrlich, aber gehässig wie ich nun mal bin werde ich jetzt gerade erst recht weiterschreiben...
Über die zuletzt angerissenen Themen Amerell und Löw ist ja mittlerweile schon wieder viel Gras gewachsen, so dass eine ausführlichere Betrachtung kaum noch lohnt. Dazu vielleicht nur noch so viel: Dass eine menschliche Pfeife wie ExSchiri Amerell nur allgemeines Befremden auslösen kann ist sicherlich unstrittig, etwas delikater scheint die Situation schon im Fall Löw. Ohne natürlich den Bundestrainer persönlich zu kennen wirkt sein Verhalten auf mich schon seit längerem aalglatt und zugleich eiskalt. Und sein Gebaren in den "Fällen" Frings, Kuranyi oder Zwanziger (geplatzte Vertragsverlängerung) verstärkt bei mir diesen irgendwie schmierigen Eindruck. Aber wie immer im Trainergeschäft heiligt der Erfolg eben die Mittel; sollte der jedoch ausbleiben bei der nun anstehenden WM, dann wird man dem geschmeidigen Herrn Löw wohl kaum eine Träne nachweinen... Und vielleicht könnte man dann wirklich mal Herrn van Gaal ranlassen, der hatte ja schon Interesse am Bundestrainer-Job bekundet. (Mit holländischer Spielweise würde die deutsche Nationalmannschaft voraussichtlich nicht erfolgreicher spielen, aber zumindest deutlich ansehnlicher!)
Das nationale Fußballgeschehen scheint also zum Ende dieser Saison wieder seinen "normalen" weil vorhersehbaren Verlauf zu nehmen, d.h. Bayern München steht unmittelbar vor einem weiteren Double-Gewinn. (Dem wievielten eigentlich? Ist aber auch uninteressant, außer den Bayern-Fans zählt da wohl eh niemand mit...) Die eigentliche Überraschung ist wohl die Vizemeisterschaft von Schalke. (Die sechste in der Bundesliga glaub ich, aber auch da gilt: was soll’s...). An einen weiteren CL-Triumph der Bayern glaube ich allerdings eher nicht...
Interessante Äußerungen hat dafür Trainer van Gaal im Kicker 08.03.2010 getan. Ich glaube eigentlich nicht, dass er zu den Stammlesern des DSFS-Magazins gehört, um so erfreulicher, dass er also etliche Regeländerungen aus meinem 14 Punkte-Postulat in den Ausgaben 1 und 2 des letzten Jahres "übernommen" hat und vehement einfordert! (So z.B. die Nutzung sämtlicher verfügbarer elektronischer Hilfsmittel, Einführung einer effektiven Spielzeit, Einschuss statt Einwurf usw. Unnötig also zu erwähnen, dass ich ihn in allen seinen Punkten vorbehaltlos unterstützen würde.) Besonders interessant finde ich seine Überlegungen zum diamond goal. So will ich seinen Vorschlag mal nennen, der sogar noch eine Verbesserung zu meiner platinum goal Regel (= nötigenfalls Verlängerung bis zum golden goal ohne Zeitlimit) darstellt, indem in gewissem Zeitabstand die Anzahl der Spieler pro Mannschaft auf dem Feld sukzessive reduziert wird! (Bei ihm heißt dies dann "Gladiatoren-Regel" oder so.) In der Folgeausgabe des Kicker kamen dann wieder mal die ewigen Bedenkenträger zu Wort, wobei mich am allermeisten eigentlich jenes umnachtete Totschlag-Argument vom drohenden Verlust der "Menschlichkeit" im Fußball nervt. Der Einwand, dass der Fußball ja von den ständigen Fehlentscheidungen leben würde ist für mich in etwa so stichhaltig wie die Behauptung, das Finanzwesen lebe von den Bankeinbrüchen... Im Großen und Ganzen lässt sich aber wohl festhalten, dass eine satte Mehrheit der Fußballliebhaber wenig bis gar kein Interesse an einer wie auch immer gearteten Gerechtigkeit im Sport hat. In so fern ist die Aussicht darauf, dass einer wie Herr van Gaal es eines Tages in jenes "International Football Association Board" schafft wohl gleich null - und wenn doch, dann dürfte er dort wohl zu Lebzeiten immer in der Minderheit bleiben. Diese oberste Regelkomission der FIFA hat es ja erst jüngst wieder geschafft, sich ein Zeugnis von bemerkenswerter Weltfremdheit auszustellen mit dem absonderlichen Beschluss "keinerlei Technik im Fußball zulassen" zu wollen. Was ich mich in dem Zusammenhang allerdings frage ist, warum sich dieses vorsintflutlich besetzte Gremium mit einer Frage wie "Chip im Ball - ja oder nein" überhaupt befassen sollte, schließlich sind die Spielregeln davon ja in keiner Weise betroffen...
Übrigens wollte Louis van Gaal auch die Abseitsregel ändern, gänzlich abschaffen mochte er sie aber meines Wissens nicht. Deshalb muss es an dieser Stelle natürlich wieder heißen: ceterum censeo legem seorsi esse tollendam.
15.07.2010
Leser!
Zwei Tage vor dem Viertelfinalspiel gegen Argentinien kann man schon mal als WM-Fazit aus deutscher Sicht eine erfreuliche Bilanz ziehen: erstmals seit werweißwielange konnte man eine deutsche A-Nationalmannschaft erleben, die tatsächlich Fußball spielte und nicht nur arbeitete oder gar "rumpelte", so wie man es ansonsten eben seit Menschengedenken von deutschen Fußballern gewöhnt war. Dies muss ja wohl hauptsächlich daran liegen, dass immer weniger "Deutsche" in dieser Auswahl kicken, was der Mannschaft offenbar (und der Gesellschaft insgesamt) nur gut tut. Überhaupt legte das gesamte deutsche Expeditionscorps ein wohltuend zurückhaltendes Verhalten abseits des Spielfelds an den Tag (im krassen Gegensatz zu den Teams einiger unserer Nachbarländer), was deren Ansehen offenbar weltweit mehren konnte. Anscheinend tragen die vielen Multikultis im Team auch dazu bei, dass die Auswahl nicht nur hierzulande, sondern offenbar sogar die ganze Nation in der Welt immer mehr sympathisch rüberkommt. Als Deutscher irgendwo in der Welt irgendwie gemocht zu werden, das ist wohl für die meisten Landsleute meiner Generation ein nie gekanntes und zugleich so schockierendes Erlebnis, dass man erst mal damit klar kommen muss. Endlich soll die Welt also nicht mehr am teutonischen Wesen genesen, womit da gleich ganze Weltbilder zum Einsturz zu kommen drohen, aber ich will jetzt nicht zu weit abschweifen vom Fußball... Und was unseren Bundes-Jogi betrifft, da muss ich ungeachtet der Tatsache, dass ich ihn nicht besonders leiden kann einräumen, dass er offenbar ein guter oder zumindest doch leidlich erfolgreicher Trainer zu sein scheint. Wie langgediente Monitor-Leser ja wissen lasse ich normalerweise kaum eine Gelegenheit aus, um kübelweise Häme über deutsche Auswahl-Teams zu kippen, aber nun bin ich nach den vielen Jahren des Nörgelns selbst ganz gerührt von dem Umstand, dass ich diesmal am Auftritt der A-Nationalmannschaft einfach nichts auszusetzen finde! Und für den (un)sportlichen Betrug an den Engländern durch ein unfähiges Schiedsrichtergespann (und noch viel schlimmer: durch eine hartnäckig verstockte und offenbar inzwischen auch vollkommen vertrottelte FIFA-Bürokratie) kann die Mannschaft ja nichts. Möglicherweise hätte eine Anerkennung jenes 2:2 durch Lampard am Ende auch nichts am Ausscheiden Englands geändert, aber selbst die Gemahnung an Wembley 1966 (von wegen "ausgleichende Ungerechtigkeit") macht das Versagen der Offiziellen nicht weniger schlimm.
Interessant ist vielleicht auch die Quoten-Reihenfolge jener acht Teams, die noch im Rennen sind: Brasilien jetzt knapp vor Spanien (vor der WM war die Reihenfolge noch umgekehrt), Argentinien, dann Deutschland vor Holland (ebenfalls umgekehrt noch vor der WM), schließlich Uruguay und relativ abgeschlagen Ghana und Paraguay. (England war ursprünglich als dritter gewettet, Italien als sechster). Noch ist die WM ja nicht zu Ende gespielt, aber allenthalben wird die deutsche Auswahl ob ihres vergleichsweise jungen Durchschnittsalters als "Team der Zukunft" emporgejubelt. Aber gerade da würde ich vor übertriebenen Erwartungen warnen wollen, denn dies wäre dann beileibe nicht die erste vermeintlich "goldene Generation", die dann am Ende doch ohne internationalen Titel bleibt...
Während also in Südafrika noch die Kugel rollt, da rollen in der Heimat die Köpfe - oder jedenfalls immer mehr Traditions- bzw. genauer Pleiteklubs, und zwar aus den oberen Ligen immer tiefer ins Amateurlager. Während sich etliche Vereine der zweiten und dritten Liga die Lizenz für die neue Saison gerade noch so erzittert haben, wurden gleich 7 (in Worten: sieben!) Mannschaften aus der vierten Liga zwangsrelegiert (so jedenfalls der vorläufige Stand zum Redaktionsschluss). So verschwinden also weitere bekannte oder sogar Traditionsklubs wie z.B. RW Essen, SVW Mannheim, TB Berlin, SSV Reutlingen usw. via Insolvenzantrag immer tiefer in der Versenkung. Bei einigen von ihnen fragt man sich sogar unwillkürlich: zum wievielten Mal nun eigentlich? Dafür werden die Regionalligen mit immer weiteren Reserveteams aufgefüllt, welche das Interesse an dieser Liga noch mehr gegen Null tendieren lässt. Mit 25 Reservemannschaften stellen diese inzwischen fast die Hälfte aller Regionalligisten, und schon stellt sich die Frage, wie lange es wohl noch dauern mag, bis die Aufsteiger zur dritten Liga aus den fünftklassigen Oberligen zusammengesucht werden müssen...
Abschließend noch mal zurück nach Südafrika: Soeben hat Holland zur allgemeinen Verwunderung den ewigen Titelfavoriten Brasilien aus dem Wettbewerb gekegelt, was unseren Nachbarn hierzulande wahrscheinlich auch einen kräftigen Sympathieschub verschaffen wird... Und dann das zweite Viertelfinale: Gott, was für ein Drama für Ghana! Dreifaches Versagen der Nerven vom Elfmeterpunkt, darunter die 100%-Chance in der 120. Minute (!), kosten den "historischen" Einzug ins WM-Halbfinale! Das tut ja selbst dem neutralen Beobachter weh... Scheiß Fußball, kann man da nur sagen.
Passend dazu gleich auch noch dies: ceterum censeo legem seorsi esse tollendam.
15.09.2010
Leser!
Mittlerweile ist nun auch die 19. Fußball-Weltmeisterschaft schon wieder Geschichte, und als achte Gewinnernation konnte sich also (endlich!) verdientermaßen Spanien in der Ehrentafel verewigen. Unglückliche Niederländer mit ihrer dritten Finalniederlage - nur Deutschland bringt es da mit sogar vier verlorenen Endspielen auf noch mehr Pech. Aber das alles ist ja hinlänglich bekannt und sei hier nur noch mal zur Erinnerung erwähnt.
In die neue Bundesliga-Saison starteten ja besonders die beiden Aufsteiger furios, was aber sicherlich noch nicht viel heißen will - obwohl, da war doch schon mal was mit Kaiserslautern als Aufsteiger... Und wie wenig Aussagekraft die ganzen Vorbereitungsspiele haben war mal wieder deutlich am Beispiel Schalke zu sehen: da konnten sie noch einen dubiosen Sponsorenpokal in der heimischen Arena gewinnen mit Kurzspiel-Siegen über den HSV und Bayern, als es dann aber nur wenige Tage später erstmals in der Saison um was ging wurde aber just gegen dieselben beiden Gegner sang- und klanglos verloren (Supercup und erster BL-Spieltag).
Kurz vor Redaktionsschluss endeten ja auch die Qualifikationsspiele zur Gruppenphase der beiden Europacup-Wettbewerbe. Und da steht die deutsche Bundesliga mit ihrer bestmöglichen Ausbeute - je drei Teams in CL und EL - ja bislang ganz gut da, auch wenn der Erfolg Werder Bremens wirklich am seidenen Faden hing und der VfB Stuttgart diese gute Auftaktbilanz dann beinahe noch verstolpert hätte. Das Unternehmen "Angriff auf den vierten Champions League-Platz von Italien" geht also in die nächste Runde.
Die teils eklatanten Schiedsrichter-Fehlleistungen bei der WM befeuerten ja wieder die seit Jahren anhaltende Diskussion über die Nutzung von technischen Hilfsmitteln zur Entscheidungsfindung auf dem Platz. Und vollkommen gegen seine innere Überzeugung hat FIFA-Boss Blatter daraufhin etwas kleinlaut eingeräumt, dass nun vielleicht doch mal über den längst fehlerfrei funktionierenden "Chip-im-Ball" nachgedacht werden soll. Na dann kann es sich ja nur noch um wenige Generationen handeln, bis dabei was sinnvolles harauskommt. Einstweilen möchte man seitens Blatter und umnachteter Konsorten also erst mal noch weitere Torrichter aufs bzw. neben das Feld schicken. Bald schon also werden die Umkleidekabinen in den großen Stadien für die jeweils angesetzte Armada von Unparteiischen deutlich geräumiger ausfallen müssen als jene für die beiden spielenden Teams. Anstatt also die längst überfällige Einführung einer allenthalben vorhandenen Technik voranzutreiben schwadroniert Blatter wieder mal über weltfremde Ideen wie die Abschaffung von Unentschieden in der WM-Gruppenphase. Vielleicht sollte man den senilen FIFA-Präsidenten doch endlich mal zum Rücktritt bewegen, bevor sein immer bedrohlichere Ausmaße annehmender Altersstarrsinn dem Fußball noch mehr Schaden zufügt. Der Umstand, dass die FIFA im Gefolge Blatters auch weiterhin wild entschlossen beide Augen fest vor der Realität verschließt und jegliche sportliche Gerechtigkeit mit Füßen tritt quittierte der Kicker am 16.08.2010 mit einer treffenden Karrikatur, in welcher Blatter mit erhobenem Zeigefinger und glückselig-entrücktem Lächeln seine ultimativen Lösung präsentiert: "Wir spielen künftig ohne Ball!".
Und in dieser Situation schaffte es dann Schiedsrichter-Kommissionschef Fandel dem sprichwörtlichen Fass den Boden auszuschlagen, indem er tatsächlich allen Ernstes dafür plädierte, die Wiederholungen strittiger Szenen nicht nur im Stadion sondern auch generell im Fernsehen zu unterbinden. Da drängt sich doch spontan die Frage auf, ob Herr Fandel noch ganz bei Trost ist. Statt den jeweiligen Schiedsrichtern die TV-Bilder noch auf dem Platz zugänglich zu machen sollen sie also am besten aller Welt vorenthalten werden! Wozu eigentlich überhaupt noch Kameras ins Stadion lassen? Und eigentlich könnte man dann auch gleich noch die Zuschauer als unliebsame Augenzeugen von Schiedsrichter-Fehlentscheidungen aus dem Stadion verbannen. Es reicht doch aus, wenn der Unparteiische nach dem Spiel den Pressevertretern Ergebnis und Torschützen mitteilt, das würde jedenfalls ganz sicher "den Schiedsrichtern helfen und den Druck nehmen", um noch mal mit Fandel zu sprechen. Dessen verbale Entgleisungen wurden übrigens bereits am 02.08.2010 im Kicker entsprechend gewürdigt und in einem aussagekräftigen Kommentar ad absurdum geführt.
Nur zwei Jahre nach Einführung der eingleisigen dritten Liga ist man also mit der Neuordnung der Regionalliga auf Level 4 so unzufrieden, dass bereits wieder über eine neuerliche Umstrukturierung nachgedacht wird. Mitte Oktober soll nunmehr eine Entscheidung darüber fallen, wie es künftig mit der vierten Liga weitergeht. Dabei stehen unterschiedliche Modelle zur Debatte wobei inständig zu hoffen ist, dass endlich jene Variante zur Einführung gelangt, welche den ganzen Profi-Reserven eine eigene Staffel zuweist! Dieses Thema wird jedenfalls von meinen alljährlichen Struktur-Analysen im deutschen Ligafußball so nachhaltig tangiert, dass ich demnächst mal einen eigenen Artikel dazu veröffentlichen möchte.
einstweilen bleibt mir mein immerwährender Appell ceterum censeo legem seorsi esse tollendam...
15.11.2010
Leser!
Die ersten 9 Spieltage der neuen Bundesliga-Saison waren also gekennzeichnet von etlichen Kapriolen: Mainz und Dortmund auf entschiedenem ChampionsLeague-Kurs, Bayern auf Platz 11 und Schalke auf dem Relegationsplatz - mal sehen, ob sich bis zum Saisonende daran noch was signifikant ändern wird ;-) Und in den Europacups scheint die deutsche Bundesliga erstaunlicherweise weiter auf dem Vormarsch zu sein...
Und mit dem perfekten Start in die neue EM-Qualifikation – 4 Siege in 4 Spielen (wenn auch außerordentlich glücklich in Belgien etwa), und dies weiterhin ohne Ballack und zuletzt sogar auch ohne Schweinsteiger – konnte die deutsche A-Nationalmannschaft also praktisch nahtlos anknüpfen an die guten Leistungen bei der WM. Trotzdem habe ich leicht genervt zur Kenntnis genommen, dass Löw & Co. mit irgendwelchen Verdienstorden bedacht wurden. Nicht dass ich es ihnen missgönnte, allein mir fehlt dabei jedes Augenmaß bzw. jegliche Verhältnismäßigkeit. Sicherlich liefert der aktuelle Bundestrainer anscheinend gute und auch halbwegs erfolgreiche Arbeit ab, aber dafür wird er ja auch mehr als fürstlich entlohnt. Und deshalb wird er gleich mit Orden behängt? Was ist mit den Millionen anderer Bundesbürger, die ebenfalls gewissenhaft ihrer Arbeit nachgehen? Wo bleiben die Verdienstorden für die? Zweifellos hat die Mannschaft ein gutes Turnier gespielt, und Rang drei war am Ende mehr als man zuvor erwarten durfte. Aber angesichts bereits sieben Endspielteilnahmen in der Vergangenheit war die Ausbeute doch nicht wirklich lorbeerverdächtig. Muss also für einen dritten Platz schon gleich wieder mit Orden um sich geworfen werden? Eine offiziell lobende Erwähnung verbunden mit einem "weiter so" hätte es m.E. da auch getan. Jedenfalls liegt da wieder mal der Verdacht nahe, dass sich die einschlägig bekannten Politschranzen wie so oft bei derartigen Veranstaltungen einmal mehr im Fahrwasser von populären Sportlern sonnen wollten. Da wirkte das öffentliche Trittbrettfahren der bundespolitischen Prominenz wenige Tage später, als Merkel und Wulff samt willfährigem Hofstaat nach dem Spiel gegen die Türkei in die deutsche Spielerkabine einfielen nachgerade als grotesker Höhepunkt an Peinlichkeit. Zumindest bis nach Kasachstan wollte dann kein Politiker mehr hinterherschleimen...
In zwei Seiten Leserbrief hat unser Doktor Ulf ja zuletzt zu erkennen gegeben, dass ihm diverse germanophobe Äußerungen von mir sehr zu Herzen gegangen sind, was ich selbstredend außerordentlich bedaure. Und da möglicherweise auch anderen Lesern des Monitors entgangen sein könnte, dass es sich bei vielen meiner Äußerungen hier um Satire handelt, möchte ich gern der Gefahr vorbeugen, dass noch weitere Vereinsmitglieder meine Rubrik mit gewohnt teutonischer Humorlosigkeit allzu bierernst nehmen mögen. Vielleicht sollte ich also die Rubriküberschrift künftig ergänzen um einen Zusatz in der Art wie „Vorsicht Satire – namentlich für deutschtümelnde Leser mitunter schwer verdaulich!“. Jedenfalls sehe ich nun den Zeitpunkt gekommen für die folgende Richtigstellung: Ich stelle also fest, dass
Trotzdem bitte ich weiterhin um Nachsicht, wenn ich auch in Zukunft keine wie auch immer geartete Nationalhymne mitträllern werde...
Und wie zuletzt verlautbarte hat man sich auf dem jüngsten DFB-Bundestag nunmehr zu einer ganz üblen Verschlimmbesserung der Regionalligastruktur entschlossen: Ab der übernächsten Saison soll es also 5 statt 3 Staffeln in der 4.Liga geben mit dann bis zu 35 Reservemannschaften darin (bzw. soll deren Anzahl sogar prinzipiell unbeschränkt sein). Ein schlimmeres Struktur-Barbarentum ist ja kaum vorstellbar – in meinen Augen von vornherein ein „totgeborenes Kind“, auf alle Fälle aber eine Art Rückfall in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Als nächstes soll dann wohl die eingleisige 3.Liga wieder abgeschafft werden, und die 2.Liga könnte dann ja auch wieder in zwei oder drei Staffeln spielen. Fehlt nur noch die Forderung nach der Wiedereinführung von etwa 21 Gauligen als oberste Spielklasse wie in der „guten alten Zeit“...
Dem Vernehmen nach soll es also künftig die Staffeln Nordost, Nord, West, Südwest erweitert um Hessen und Baden-Württemberg sowie eine Staffel Bayern geben. Vor allem diese erweiterte SW-Staffel stellt ein ziemlich anachronistisches Gebilde dar mit etwa 1,7 mal so vielen Mannschaften im Spielbetrieb wie die anderen vier Staffeln im Mittel. Deshalb soll sie auch zwei Teams in eine Aufstiegsrunde zur 3.Liga entsenden, während von den anderen 4 Staffeln eben nur der jeweilige Sieger daran teilnimmt. Das bedeutet ein Direktaufstieg der Staffelsieger ist damit dann also auch nicht mehr gewährleistet. Jedenfalls dürfte mit dieser Beschlussfassung in Zukunft ein bundesweites Interesse an dieser 4.Liga dann endgültig zum Erliegen kommen! Am besten die Experten zerbrechen sich also jetzt schon mal den Kopf für die sich unweigerlich daran anschließende Reform der Reform.
Ceterum censeo legem seorsi esse tollendam.